Dem Hitler eine Linde in Waldwimmersbach

Ein Symbol überdauert in den Köpfen

 

Hauptstraßen-Partie mit Hitlerlinde, einer Pflanze, die besonders gepflegt wird

 

Wer hat denn ein Interesse daran, einer Pflanze den Namen Hitler-Linde zu geben? Menschen, die der Meinung sind, dass er das Beste für Waldwimmersbach, Deutschland und die Welt ist. Tiefer muss eine Argumentation nicht greifen. Soll sie nicht greifen, denn sonst müsste man “das Beste” ja klar benennen und gegen das weniger Beste abgrenzen. Das ist im Heute nicht anders als Früher. Bereits 1930 hatte die NSDAP hier über 50% der Wählerstimmen, 1933 waren es schon 82% in Waldwimmersbach. Das ist 80 Jahre her.

Waren die 82% NSDAP Wähler dann 1945 weg, wo waren die hingegangen? Zu den Demokraten, zu Greenpeace? Wohl eher nicht. Zumindest gab es in Deutschland den bescheidenen Versuch der Denazifizierung. Der große Rest der nicht Denazifizierbaren ging weitestgehend in der CDU auf und hielt sich dort.

Was geschah denn nun mit der Hitlerlinde in den Köpfen

Manchmal scheint es hier so, als gehöre der Erhalt der Lindenwidmung zu einem Generationenvertrag. Auch wenn die heutige lokale Generation noch nicht mal mehr einen richtigen Hitlergruß hinbekommt. Zumindest sieht die Staatsanwaltschaft Heidelberg nur dann einen Hitlergruß als solchen, wenn der ausgestreckte Arm mit der flachen Hand auf Augenhöhe schräg nach oben geführt wird. Schon eine Abwinkelung des Armes ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Heidelberg dann eben kein Hitlergruß mehr. Wie leicht doch Nazibrauchtum wegdefiniert werden kann. Nun ja, die Staatsanwaltschaft kann da wohl nicht anders entscheiden. So sind die Grundlagen des Gesetzes, und an den Grundlagen wird sich mit einer der beiden aktuellen Regierungsparteien sehr wahrscheinlich nichts ändern. Denn wer nochmal ging in der CDU auf?

Auszug aus Schreiben der Staatsanwaltschaft

 

Ein Nazi wird hier zum normalen Winkemännchen aus der braunen Zigarrenschachtelwelt “degradiert”. So schnell wird dann aus einem “Heil” ein “Grüß Gott”, obwohl das manchen Ortes noch nie weit auseinander lag. Auch hier in Waldwimmersbach nicht, wo noch nichtmal die bezeugte Absichtserklärung, Andere vergasen oder erschlagen zu wollen, eine irgendwie geartete Straftat darstellt. Da muss man wohl Politiker sein, um vor solchen Kriminellen per Gesetz beschützt zu werden.

Also die Hitler-Linde jeden Falls ist noch da. In den Köpfen, in den Handlungen, in den Traditionen. Da fragen sich doch Politiker in der aktuellen Diskussion, wo die Nazis immer wieder herkommen. Ein paar zumindest, soviel ist sicher, kommen aus Waldwimmersbach.

 

Update: Der Baum ist tot. Die Linde wurde Anfang 2020 gefällt.

Wo Nazis gern feiern

 

Es ist Kerwe 2019 in Waldwimmersbach. Da beteiligen sich Viele, die feiern wollen. Die organisierenden Kerweborscht, Stammtische, Blasmusikverein, diverse andere Vereine, Gemeinde, Kirchen, Kindergarten. Und auch die bekannten Nazis sind wieder dabei. Wie selbstverständlich.

Was macht der Bürgermeister dagegen?

Die Nazis darf ich nicht benennen, sonst bekomme ich mal wieder eine Anzeige wegen Beleidigung. Es ist ja auch eine Frechheit von mir anzuprangern, dass man hier auch mit Nazis und anderen Kriminellen gut feiert und die Organisatoren und Gemeindeverwaltung selbst keine Berührungsängste damit zu haben scheinen. Mehr noch: von einem der Organisatoren gibts bei der Kerwe einen offiziellen Mittelfinger, wenn man kritisiert. Ein öffentliches Interesse gibt es für dererlei Beleidigungen, laut Staatsanwältin, nicht.

Beleidigung bei der Kerwe? Kein öffentliches Interesse
Beleidigung bei der Kerwe? Kein öffentliches Interesse

 

Die Dinge mal konkret beim Namen nennen, könnte man es anderen Orts nennen. Verunglimpfung der Waldwimmersbacher nennt das der Bürgermeister in Waldwimmersbach. Doch das wundert nicht, wenn man dort, wo Hakenkreuze an die Wand  gesprüht werden, keine rechte Szene sieht und die Welt noch in Ordnung findet.

Immerhin würde vielleicht Mancher von denen, die hier wirklich nur feiern wollen, die Grenze setzen, die man eben setzen sollte, wenn man nicht mit Nazis feiern möchte und wegbleiben, woanders feiern. Aber es hat ja keiner gesagt. Und wenn es einer sagt, gibts Ärger dafür, wird man gemobbt, dass es schon an Vertreibung erinnert. Für einige der Anderen reicht aber schon einfaches Wegschauen, so funktioniert es das restliche Jahr auch ganz prima. Und die anderen Jahre davor auch. Da ist Mitlaufen alles, auch politisch, deswegen heissen die ja auch Mitläufer. Da will man doch gar nicht wegbleiben, da will man dabei sein, da will man dazu gehören.

Hitlergruß, Heilgebrüll, Vergasen

Vielleicht ist das aber auch übertrieben, wenn ich Pöbel, der mit Hitlergruß und Heilgebrüll durch die Straßen zieht, gleich als Nazis bezeichne. Vielleicht ist es ja einfach nur Pöbel. Da machen Bedrohungen wie, “Euch muss man vergasen und erschlagen” argumentativ auch das deutsche Kraut nicht fett. Solche Aussagen stoßen zumindest bei Einigen auf Zustimmung, das muss man doch verstehen. Immerhin sind wir so böse und parken am Fahrbahnrand, damit verstoßen wir doch gegen das lokale Gehweg- und Bushaltestellenparkgebot, dass hier durch die Gemeinde ganz offiziell geduldet wurde.

Verständnis für Nazidenken

Ja, auch ich verstehe Nazis. Deshalb mag ich sie nicht. Deshalb nehme ich nicht an der Kerwe teil, deshalb möchte ich nicht, dass meine Tochter im Rahmen des Kindergartens an der Kerwe teilnimmt. Dabei frage ich mich, wie man den Kindergarten zur Teilnahme an Feierlichkeiten mit Nazis überredet hat. Sicher wussten die das nicht. Bei anderen aktiven Teilnehmern frage ich mich das nicht wirklich.

 

Ein Teilnehmer der 'Kerwe macht einen Nazigruß
Nazigruß bei der Kerwe? Kein Problem

 

Klar, werden viele lieber still sein. Wer hier was dagegen sagt, wird das bald zu spüren bekommen. Bedrohungen, versuchte Körperverletzungen, Sachbeschädigungen. Das ist nicht Jedermanns Sache, so viel ist für Einige ein sauberes Gewissen nun auch nicht wert. Dazu kommen die finanziellen Einsparungen, die man verlieren würde, wenn man nicht mehr “ohne Rechnung” Services in Anspruch nehmen kann. Wenn man nicht mehr die kleinen Aufträge bekommt, bei denen die Mehrwertsteuer “vergessen” wurde. Und so einiges mehr. Also bloß nix sehen, nix hören, nix sagen.

Und da gegen sowas, warum auch immer, durch den Bürgermeister nichts gemacht wird, sei es womöglich nur durch “bewusste Blindheit”, dann kann das doch sooo schlimm nicht sein, gell.

Courage ist eben eine seltene Gabe.

 

Edit 25. Juni 2020: Es wurde nun doch etwas gemacht. Ich habe eine Anzeige wegen Beleidigung durch den Bürgermeister bekommen, die es bis durchs Amtsgericht geschafft hat. Nun ja, wenn alles, was einigen zu diesem Text einfällt ist, dass es eine Beleidigung und der Inhalt unwichtig ist, dann wundert micht nicht, warum so viele Nazis, eben auch hier, gut gedeien. Naja viele … Mehr als 50 sind es vielleicht doch nicht.

Ich werde selbstverständlich mehr darauf achten, die Wahrheit nicht in Beleidigungen zu verpacken. Da hatte ich mich dummer Weise wirklich ungewollt auf das Nivau von einigen Lobbachern und Umgebung herabgelassen, wo Beleidigungen wie blöder Wichser, Idiot, Mittelfinger und “da fick Dich”, Arschloch, euch muss man vergasen und so weiter und so fort normal sind und auch für die Staatsanwaltschaft bisher nicht von öffentlichen Interesse waren. Schade, dass da selbst bei Beleidigungen mit deutlich unterschiedlichen Messlatten geschlagen wird.

Jeder muss eben für sich selbst wissen, welche Sache er mit welcher Motivation vertritt. Bei Nazis weiss ich das.